Kommen Asylsuchende wirklich nur wegen der guten Zahnärzte nach Deutschland?
Politik / Wirtschaftskurs ist auf Exkursion, um sich Ende November 2023 ein Bild der Lage vor Ort zumachen.
Nachdem Friedrich Merz diese Frage vor einigen Wochen in den Raum gestellt hatte, wollte sich der Politik/Wirtschaftskurs der Jgst. 9 nicht mit bloßen Vermutungen oder Schulbuchwissen bei der Beantwortung dieser Frage begnügen. Der Kurs hatte sich in den letzten Wochen mit dem aktuellen und großen Thema „Migration und Flucht“ beschäftigt.
Im Rahmen des Unterrichts sollte der Kurs selbstständig eine Exkursion weitgehend ohne die Einmischung durch Lehrer entwickeln und planen. Es galt zunächst, einen kompetenten Ansprechpartner zum Thema zu finden und hier gelang den Schülerinnen und Schülern Bemerkenswertes. Sie konnten die Beigeordnete für Bildung und Soziales der Stadt Bottrop, Karen Alexius-Eifert, als Gesprächspartnerin gewinnen. In Frau Alexius-Eiferts Zuständigkeitsbereich fallen nicht nur das Referat Migration, sondern auch das Jugend- und Sozialamt, so dass wir eine kompetente Ansprechpartnerin hatten, die verschiedene Aspekte der Migrationspolitik erklären konnte und diese mit uns auch kritisch diskutierte.
Der Kurs hatte vor Ort Termine in Bottrop arrangiert und zunächst wurde über im Kurs erarbeitete Fragen in Räumlichkeiten der Stadt Bottrop besprochen. Die berühmte Frage nach den Zahnärzten klärte sich: Frau Alexius-Eifert erklärte im Detail, wer als Flücht-ling/Asylbewerber zu welchen medizinischen Leistungen Zugang erhält, so dass schnell klar wurde, dass wohl niemand wegen seiner Zahnbehandlungen nach Deutschland kommt. Vielmehr ist es das gründliche, ausführliche und bei Flüchtenden als sehr fair durchgeführte Asylverfahren, das zur Entscheidung führt, nach Deutschland zu kommen. Dass Migration, Flucht und Integration für eine Gesellschaft durchaus teuer sind, steht außer Frage, doch erhielten wir einen wirklich detaillierten Einblick aus der Praxis, wie es um die Finanzierung sowie Leistungen für Geflüchtete aussieht. Dabei wurde deutlich, dass die Realität weit von populistischen Schlagworten mancher Politiker und Parteien abweicht und viele Fragen bzw. Lösungen viel komplexer sind, als dass sie auf knappe Parolen reduziert werden könnten. Der Kurs war begeistert, dass Frau Alexius-Eifert auch kritischen Nachfragen und Diskussionen nicht ausgewichen ist.
Anschließend ist es uns noch möglich gewesen, eine fast bezugsfertige Flüchtlingsunterkunft, ein kleines Containerdorf für ca. 80 Flüchtlinge, zu besichtigen. Der Leiter des Bottroper Sozialamtes, Herr Borowiak, war so nett, uns alles um das Leben dort zu erklären. Die Schülerinnen und Schüler waren zum ersten Mal in einer solchen Unterkunft. Wir erfuhren, dass die Stadt z.B. kein Geld für die Reinigung der Unterkunft ausgibt, sondern dass die Geflüchteten dies selbst erledigen müssen, was natürlich auch zu kleineren Konflikten führen kann. Auch die Problematik mit Anwohnern konnte angesprochen werden.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Kurs eine kompetente Gesprächspartnerin ausfindig machen konnte, der es selbst wichtig war, mit jungen Menschen in Kontakt zu treten, um passend zur Flüchtlingsfrage zu informieren und mit Jugendlichen darüber zu sprechen. Zudem bewies sich der Kurs selbst, dass er in einem hohen Maße organisieren und eine solche Veranstaltung durchführen kann. Darüber hinaus hatten wir auch Zeit, uns vertieft auf ein Thema einzulassen, was ein guter Kontrast zum alltäglichen Lernen in der Schule ist.